Der Winterzug hat begonnen
Der weite Weg der Schreiadler
Sobald die Tage kürzer werden und die Herbstzeit in Europa beginnt, begeben sich die Schreiadler allmählich auf ihren langen Flug zu ihren Winterquartieren. Diese liegen weit entfernt von ihren Brutwäldern Osteuropas, und zwar insbesondere im mittleren und südlichen Afrika. Während hier in unseren Nordvorpommerschen Wäldern die kältere Jahreszeit dafür sorgt, dass die Amphibien und Kleinsäuger - also die Hauptnahrungsquellen des Schreiadlers - langsam in den Winterschlaf bzw. in Winterstarre gehen, kann der kleinste Adler Deutschlands dann dort in seinem Winterlebensraum noch ausreichend Nahrung auffinden.
Auch die in Europa geschlüpften Jungvögel müssen im September die lange Zugroute antreten, wobei sie oft etwas nördlicher als die Altvögel ihr Überwinterungsgebiet beziehen. Die Altvögel fliegen teilweise bis zu 10.000 Kilometer nach Sambia, Mosambik, Namibia oder Simbabwe. Dafür brauchen sie durchschnittlich 65 Tage und mehrere Flugpausen! Währenddessen besteht die Gefahr nicht allein in dem weiten Weg über den Bosporus und den Suezkanal. Vielmehr ist Aquila pomarina leider auch Bedrohungen wie der Bejagung und Verfolgung während des Winterzugs im Libanon ausgesetzt.
Um mehr Informationen über das Zugverhalten der Schreiadler zu erfahren, laufen seit einiger Zeit umfangreiche Telemetrieuntersuchungen, bei denen einzelne Schreiadler mit Sendern ausgestattet werden und mittels GPS deren Migration beobachtet wird. Auch Ihr könnt aus der Ferne die spannende Reise von 7 Schreiadlern mitverfolgen, indem Ihr diese Seite aufruft. Dort findet Ihr auch über andere besenderte Vogelarten laufend aktuelle Ortungsdaten. Das Schreiadlerweibchen Rita hat bei einer Flugdistanz von 8.719 Kilometer vor kurzem bereits Tansania erreicht!
Ab Februar, wenn der Winter bei uns langsam zu Ende geht, begeben sich die Schreiadler dann erneut auf die große Reise, von Afrika zurück nach Europa in ihre Brutwälder – und das Schreiadlerjahr beginnt von vorn.